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Warum übergewichtige Menschen häufiger krank werden

Menschen mit Adipositas leiden oft nicht nur unter einer Stigmatisierung durch die Gesellschaft und einer eingeschränkten Lebensqualität. Sie besitzen auch ein höheres Risiko für Folgeerkrankungen, zeigt eine Studie der TU München.

(5.12.2022) - Für mindestens drei Krankheitsfamilien steigt infolge von Übergewicht die Wahrscheinlichkeit an: für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, für verschiedene Krebsleiden und für Typ-2-Diabetes. Forscher der Technischen Universität München (TUM) konnten nun zeigen, wie vergrößerte Fettzellen Stoffwechselerkrankungen verursachen können – als direkte Folgeerkrankung von Adipositas.

Nimmt man zu – werden auch die Fettzellen größer

„Der Zusammenhang zwischen Übergewicht und vielen Krankheiten ist zwar schon lange bekannt, doch wissen wir wenig, welche Bedeutung dabei die Fettzellgröße spielt“, heißt es in einer Mitteilung der TU München. Forscher vom Lehrstuhl für Ernährungsmedizin der Universität sind dieser Frage jetzt im Rahmen einer Studie nachgegangen. Nimmt man zu, wachsen die Fettzellen mit. Bei starkem Übergewicht sind die Zellen meist stark vergrößert. Das Forschungsteam der TU konnte nun erhellen, wie vergrößerte Fettzellen Stoffwechselerkrankungen verursachen können.

Die genetischen Informationen in Zellen wirken anders

Die Wissenschaftler konnten jetzt zeigen, dass die Genexpression – also wie stark welche genetische Information zum Tragen kommt – im Fettgewebe mit der Fettzellgröße assoziiert ist. Die Forscher gehen davon aus, dass Veränderungen in dieser Genexpression bei vergrößerten Fettzellen für das Entstehen von metabolischen Erkrankungen mitverantwortlich sind.

Große Fettzellen: Deutlich veränderter Stoffwechsel

„Große Fettzellen haben einen deutlich veränderten Stoffwechsel und begünstigen unter anderem das Entstehen von Typ-2-Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen“, sagt Prof. Dr. Hans Hauner vom Lehrstuhl für Ernährungsmedizin, einer Leiter des Projekts. „Das ist ein wichtiger Beleg, dass sich die Fettzellen in Abhängigkeit von ihrer Größe erheblich in ihrer Funktion unterscheiden.“

Die RNA-Moleküle schalten um auf „entzündungsfördernd“

Um herauszufinden, wie die gesamte Genexpression von der Größe der Fettzellen abhängt, teilte das Team die Adipozyten – große, rundliche Fettzellen – nach ihrer Größe ein und „sequenzierte“ ihre RNA – sie bestimmte also die Abfolge von Nukleotiden darin. Nukleotiden sind große Moleküle, die bei allen Organismen die genetische Information enthalten.

„Das Ergebnis war eindeutig“, heißt es in einem Statement der TU. Die Forscher fanden demnach heraus, dass sich die RNA-Moleküle in einer Zelle in ihrer Funktionsweise verändern: „von energieverbrauchend zu energiespeichernd – und schließlich zu entzündungsfördernd. Die Zellen von Menschen mit starkem Übergewicht speichern bevorzugt Energie und fördern Entzündungen, was die genannten Krankheiten begünstigt.

Neue Untersuchungsmethode für Fett: Virtuell – ganz ohne Eingriff

Im Zuge ihres Projekts entwickelten die Münchner Forscher, die hierbei mit Wissenschaftlern der US-Universität Harvard kooperierten, neue Untersuchungsmethoden, mithilfe derer sich die Fettzellgröße des Menschen ohne einen Eingriff in den Körper bestimmen lassen: die nicht-invasive Magnetresonanz-Spektroskopie-Methode. Damit gelang auch eine robuste Analyse der Fettsäurezusammensetzung im Fettgewebe und es wurde erstmals ein Konzept einer virtuellen Fettgewebs-Biopsie etabliert, ohne dass Fettgewebe durch einen kleinen Eingriff entnommen werden muss.

„Stoffwechselerkrankungen können früher diagnostiziert werden“

Die Wissenschaftler sehen folgende Chancen für die Zukunft: dass durch diese verbesserten Untersuchungsmethoden, mit denen sich Zellgröße und Zusammensetzung im Fettgewebes bestimmen lassen, metabolische Erkrankungen besser und früher diagnostiziert werden können – und das eben ganz ohne Gewebeentnahme, sondern lediglich virtuell.

„Damit bieten sich völlig neue Perspektiven, um in Zukunft die Risiken, die im Fettgewebe schlummern, schnell und risikolos erfassen zu können“, sagt Prof. Dr. Dimitrios Karampinos von der Diagnostischen und Interventionellen Radiologie am Klinikum rechts der Isar der TU München, einer der Experten des Forscherteams.