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Starke Zunahme von Schwangerschaftsdiabetes

Ein unbehandelter Gestationsdiabetes erhöht nicht nur das Risiko, dass Frauen später einen Typ-2-Diabetes oder eine kardiovaskuläre Erkrankung entwickeln, sondern verdoppelt auch die Wahrscheinlichkeit einer Adipositas und gestörten Glukosetoleranz bei den Kindern. Ein Teufelskreis mit fatalen Folgen für zukünftige Generationen.

(16.3.2023) - Der Diabetes mellitus ist ein gutes Beispiel dafür, wie Unterschiede in der Erkrankungshäufigkeit zwischen Männern und Frauen einerseits durch die Biologie (Geschlechtschromosomen, Hormone), andererseits durch das psychosoziale Geschlecht (Einfluss der Geschlechterrolle auf Umweltfaktoren wie Lebensstil, Ernährung und Bewegung) bedingt sind. Männer haben zwar etwas häufiger einen Typ-2-Diabetes, dafür findet man bei Frauen über die gesamte Lebensspanne öfter eine gestörte Glukosetoleranz. Gerade in der Schwangerschaft wäre es wichtig, diesen Risikofaktor frühzeitig zu erfassen. Eine Messung des Nüchternblutzuckers reicht dafür aber nicht aus.  „Gefunden werden kann eine gestörte Glukosetoleranz nur durch einen Zuckerbelastungstest“, betont Univ.-Prof. Dr. Alexandra Kautzky-Willer, Universitätsklinik für Innere Medizin III, Medizinische Universität Wien.

Bei Übergewicht und Adipositas zeigen die Geschlechtsunterschiede eine deutliche Altersabhängigkeit: In jüngeren Jahren haben mehr Männer mit Gewichtsproblemen zu kämpfen, im mittleren Lebensalter nähern sich die Kurven an und spätestens ab der Menopause sind die Prävalenzzahlen bei Frauen höher als bei Männern.

Häufigkeit von Schwangerschaftsdiabetes

Amerikanische Daten über die Prävalenz von Gestationsdiabetes und Adipositas bei über 63 Millionen Frauen, die zwischen 2004 und 2019 stationär entbanden, zeigen einen erschreckenden Trend: Die Prävalenz der Adipositas stieg bei den werdenden Müttern im Beobachtungszeitraum von 0,6 auf 9,8 Prozent. Da starkes Übergewicht der Hauptrisikofaktor für einen Schwangerschaftsdiabetes ist, kam es auch bei diesem innerhalb von 15 Jahren zu einer Vervierfachung (2,1% → 8,3%). In Europa dürften die Zahlen ähnlich sein: 2020 wurde in Deutschland bei 9,5 Prozent aller Frauen mit Klinikgeburt ein Gestationsdiabetes dokumentiert. Kautzky-Willer kritisiert, dass in Österreich bei der Dokumentation des Schwangerschaftsdiabetes leider noch große Lücken klaffen: Laut Frauengesundheitsbericht 2022 wurden in den heimischen Akutkrankenanstalten pro 100.000 Frauen zuletzt rund 100 Fälle gemäß ICD-Code als Gestationsdiabetes diagnostiziert. „Die Zahlen zeigen aber zumindest, dass der Schwangerschaftsdiabetes auch bei uns deutlich ansteigt.“

Risikofaktoren und unmittelbare Folgen

Die Risikofaktoren für einen Schwangerschaftsdiabetes sind im Wesentlichen die gleichen wie für einen Typ-2-Diabetes: Neben Übergewicht und Adipositas erhöhen vor allem Bewegungsmangel, ungesunde Ernährung, die Zugehörigkeit zu bestimmten ethnischen Gruppen und eine positive Familienanamnese für Typ-2-Diabetes die Wahrscheinlichkeit, dass eine Frau während der Schwangerschaft einen Gestationsdiabetes entwickelt. Bei insulinresistenten Müttern, deren Bauchspeicheldrüse zu wenig Insulin ausschüttet, steigen nicht nur die Blutzuckerwerte, sondern auch die Triglyzeride und die freien Fettsäuren. Die negativen Auswirkungen dieser Stoffwechselveränderungen auf den kindlichen Organismus reichen von Makrosomie, Geburtskomplikationen, neonatalen Hypoglykämien, verstärktem Ikterus und anderen Anpassungsstörungen bis zu einer erhöhten Rate von Früh- und Totgeburten. Eine unmittelbare Folge für die Mutter ist das zunehmende Risiko für Schwangerschaftshypertonie, Präeklampsie und alle möglichen Geburtskomplikationen. In großen Kollektiven lässt sich außerdem eine erhöhte Rate von anderen kardiovaskulären Komplikationen nachweisen: Ob Peripartum-Kardiomyopathie, Herzinsuffizienz, akutes Koronarsyndrom, Schlaganfall, Arrhythmien, venöse Thromboembolien oder Nierenprobleme – all diese Erkrankungen sind bei Frauen mit einem Schwangerschaftsdiabetes häufiger zu finden.

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