Herausforderung Fastenmonat: Diabetes Management im Ramadan

2023 beginnt für Muslime der Fastenmonat Ramadan am Abend des 22. März und endet am Abend des 21. April.
Für gläubige Muslime ist das Fasten im Ramadan eine religiöse Pflicht. Der Koran schreibt vor, dass gesunde Erwachsene in diesem Monat vom Sonnenaufgang bis zum Sonnenuntergang auf Essen, Trinken verzichten. Ausgenommen sind Kinder, Kranke, alte Menschen, Schwangere und Reisende. Wer das Fasten nicht nachholen kann, soll an jedem Fastentag Nahrung für einen Bedürftigen spenden. Kurz gesagt: Muslime mit Diabetes müssen nicht fasten, wenn sie damit ihre körperliche Unversehrtheit gefährden. Viele Gläubige möchten jedoch trotz ihrer chronischen Erkrankung am Ramadan teilnehmen.
Dürfen Diabetiker fasten?
Menschen mit Diabetes können am Fastenmonat Ramadan teilnehmen, wenn sie einige Regeln zur Ernährung und zur Anpassung der Diabetestherapie beachten. Das Fasten während des Ramadan gehört zu einer der 5 Säulen des Islam. In diesem Monat ist der Verzehr von Speisen und Getränken sowie die Anwendung oraler und injizierter Medikamente zwischen dem Sonnenaufgang und dem Sonnenuntergang verboten. Je nach Jahreszeit und geographischer Lage (z.B. in den nordischen Staaten der EU), kann das Fasten bis zu 20 Stunden dauern.
Darf der Ramadan bei Diabetes unterbrochen werden?
Ein Patient mit Diabetes darf während des Ramadan die religiöse Pflicht zu Fasten unterbrechen, wenn ihm ansonsten ein ernster gesundheitlicher Schaden droht. In solchen Ausnahmefällen (wie auch Schwangerschaft, hohes Lebensalter mit Gebrechlichkeit) erlaubt der Islam dennoch eine religionskonforme Lebensweise, indem der Gläubige die Möglichkeit hat, statt zu Fasten, täglich einen Armen zu speisen. Dies ist in Deutschland jedoch unüblich, sodass es auch möglich ist einen entsprechenden Geldbetrag zu spenden. Der Gläubige muss sicherstellen, dass das Geld auch an arme Menschen weitergeleitet wird. Auch ist es möglich, die entsprechende Zahl der Fastentage „nachzuholen“, wenn man durch z.B. Krankheit oder Reisetätigkeit entbunden war.
Leitlinie zu Diabetes und Ramadan
Die meisten Muslime mit Diabetes haben trotzdem das Bedürfnis, während des Ramadan zu Fasten. Daher haben die International Diabetes Federation (IDF) und der Diabetes und Ramadan (DAR) International Alliance sich zusammengeschlossen und eine umfassende Leitlinien zu diesem Thema verfasst (https://www.daralliance.org/daralliance/idf-dar-practical-guidelines-2021/). Richtlinien versorgen medizinisches Fachpersonal mit relevanten Hintergrundinformationen und praktischen Empfehlungen, damit sie Menschen mit Diabetes, die am Fasten teilnehmen, während des Ramadan helfen können, um das Risiko von Komplikationen zu minimieren.
Wird die Nahrung und Flüssigkeitsaufnahme verändert, bestehen bei Menschen mit Diabetes erhöhte gesundheitliche Risiken. Mögliche Komplikationen umfassen Unterzuckerungen, Entgleisung der Zuckerkrankheit, Austrocknung (Dehydration) und Ketoazidose. Wichtig ist es deshalb, bereits morgens vor Sonnenaufgang viel zu trinken.
Muslime mit Diabetes sollten das Fasten unterbrechen, wenn:
- der Blutzucker auf Werte unter 70 mg/dl abfällt
- der Blutzucker auf über 300 mg/dl ansteigt
- Symptome der Unterzuckerung, der Hyperglykämie, der Dehydrierung oder akute Krankheitssymptome auftreten
- Symptome der Unterzuckerung sind: Zittern, Schwitzen/Frieren, Empfindung von Herzrasen, Hunger, veränderter Geisteszustand, Verwirrung, Kopfschmerzen
- Symptome der Hyperglykämie sind: Durst, Hunger, häufiges Wasserlassen, Müdigkeit, Verwirrtheit, Übelkeit/Erbrechen, Bauchschmerzen
Ernährung von Diabetikern im Ramadan
Von Sonnenuntergang bis zum Sonnenaufgang dürfen die Muslime während des Ramadan Nahrungsmittel zu sich führen. Häufig führt das zu exzessiver Nahrungszufuhr, sodass viele Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 während des Ramadan zu- statt abnehmen.
Anpassung der Diabetesmedikamente im Ramadan
Metformin: In der Regel ist bei Metformin keine Dosisanpassung notwendig. Metformin sollte nach dem Essen nach Sonnenuntergang und nach dem Essen vor Sonnenaufgang eingenommen werden.
Sulfonylharnstoffe haben ein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Komplikationen. Aufgrund von Beobachtungsstudien ist das Risiko einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu bekommen um bis zu 20 % erhöht. Daher werden Sulfonylharnstoffen in Deutschland immer weniger eingesetzt. Aufgrund des günstigen Preises sind jedoch noch immer viele Menschen damit behandelt.
Patienten, die mitGlibenclamidbehandelt werden, haben während des Ramadan in über 30 % der Fälle Unterzuckerungen. Daher sollten andere Sufonylharnstoffen wie Glimepirid verwendet werden, da bei diesen Hypoglykämierate unter 20 % liegt.
DPP-4 Inhibitoren haben ein deutlich niedrigeres Risiko für Hypoglykämien (ungefähr 5 %) im Vergleich zu Sulfonylharnstoffen während des Ramadan und müssen in der Dosis nicht angepasst werden.
GLP-1 Analoga müssen ebenfalls in der Dosis nicht angepasst werden. In den Studien sind keine schweren Hypoglykämien aufgetreten.
SGLT-2 Inhibitoren sind entsprechend den bisher vorliegenden Studien sicher während der Fastenzeit. Nicht alle Patienten sind jedoch geeignet, einen SGLT2 Inhibitor während der Fastenzeit einzunehmen. Dies gilt insbesondere für Patienten die dehydrieren können. Der SGLT – 2 Inhibitor sollte nach Sonnenuntergang in unveränderter Dosierung eingenommen werden.
Anpassung der Insulintherapie im Ramadan
Basalinsulin: NPH Insulin oder Analoga sollten um 15-20 % reduziert werden. Die Applikation erfolgt nach dem Sonnenuntergang. Bei zweimaliger Applikation eines Basalinsulins sollte nach dem Sonnenuntergang die normale morgendliche Dosis gespritzt werden und vor dem Sonnenaufgang nur 50 % der abendlichen Dosis.
Bolusinsulin: Nach dem Sonnenuntergang kann die normale Dosis, die normalerweise vor dem Frühstück appliziert wird, gegeben werden. Die Mittagdosis wird weggelassen. Die Insulinmenge die normalerweise vor dem Abendessen gegeben wird, wird um 50 % reduziert und vor dem Sonnenaufgang gespritzt.